Mein Umgang mit meinem B12-Bedarf

Kategorien Ernährung, veröffentlicht am Samstag, 27. Mai 2023, letzte Änderung: Mittwoch, 7. Juni 2023
Flasche Methyl B-12

Aus aktuellem Anlass habe ich aus meinen persönlichen Archiven einen meiner damals veröffentlichten Texte über meine B12-Erfahrungen hervorgekramt und bringe ihn grob überarbeitet hier nochmals an, bevor ich auf die Gegenwart eingehe.

Die Frage, die sich irgendwann jeder vegan lebende Mensch stellt oder gestellt bekommt, ist die nach der Versorgung mit B12 und deshalb hier ein kurzer Bericht über mein Selbstexperiment.

Irgendwann mit Beginn des Jahres 2007 stellte ich meinen Verzehr tierischer Produkte ein. So genau weiß ich das nicht mehr und habe es auch nicht festgehalten. Meiner Entscheidung folgte noch eine Zeit, in der ich Vorhandenes wie Honig aufbrauchte. Bis zu meinem fast 28sten Lebensjahr aß ich also häufig Fleisch und regelmäßig Aufschnitt, trank täglich Milch, verzehrte Joghurt und Eier.
Zu meiner dann neuen Ernährung gehörten (weiterhin) auch Produkte, die mit B12 versetzt waren, aber keine Vitaminpräparate oder Nahrungsergänzungsmittel.

Ungefähr ein Jahr später veränderte ich meine Ernährung weiter und aß ab dann nur noch rohe Lebensmittel, schloss also verarbeitete und somit künstlich angereicherte Lebensmittel aus. Es war eine gemüse- und fettlastige Rohkost, der ca. ein halbes Jahr später ein erneuter Wandel zur Fruchtkost folgte.

Ich möchte meine Ernährungsweise an dieser Stelle nicht erläutern, da dies den Rahmen sprengt, aber ich hatte mich dazu entschieden auch weiterhin ohne synthetisches B12 auszukommen. Ich spekulierte darauf, dass meine veränderte Lebensweise und das Essen von vorwiegend biologisch angebautem Salat und Gemüse, welche ich nicht übermässig wasche, wenn überhaupt, mir die nötigen Mikroorganismen und deren Ausscheidung bescheren würde. Meine Zuversicht war groß und die Horrorgeschichten über B12-Mangel hatten mich nicht beeindruckt, vielleicht auch, weil ich mit Menschen sprach, die nach Mangelerscheinung und anschließender Zufuhr per Spritze keine bleibenden Schäden davon getragen hatten. Zumindest bis dahin nicht nachweislich 😉

So lief dann auch alles gut und unauffällig. 1 Jahr. 2 Jahre. 3 Jahre. Es began rückblickend mit Müdigkeit und manchmal kribbelnden Fingern und obwohl aus unterschiedlichen Zusammenhängen das Thema B12 mehr als sonst in mein Bewusstsein drang, ignorierte ich diese Symptome.

Dann kam ein einschneidendes Erlebnis:
Während meines Krafttrainigs an einem Samstag Nachmittag Anfang September hatte ich eine Sehstörung. Ich konnte kein klares Bild erkennen, es wirkte irgendwie überlagert und dazu Lichterscheinungen auch bei geschlossenen Augen. Nach einiger Zeit legte sich dies wieder und ich führte kurz darauf ein Telefonat, bei dem ich mich plötzlich nicht mehr artikulieren konnte. Ich wusste im Verlauf auf einmal nicht mehr was und wie ich es formulieren sollte. Das Nachdenken und Fassen von klaren Gedanken war mir nicht möglich. Ich legte mich drauf hin und schlief eine Weile. Beim Erwachen hatte sich die Situation normalisiert. Ich hatte sehr schnell den Verdacht, dass es am B12 liegen könnte und war nach einiger Recherche entschlossen mir Methyl B12 zuzulegen, was ich allerdings erst Montag würde kaufen können.

Den ganzen Sonntag verbrachte ich mit Kopfschmerzen im Bett, welche ich aber nicht direkt der gleichen Ursache zuordnen konnte. Erlebnisse wie am Tag zuvor blieben allerdings aus.

Montag morgen dann erschreckte mich mein Körper mit einer weiteren Wahrnehmungsstörung. Obwohl ich meine Hände gezielt verwenden konnte, fühlten sie sich nicht wie die eigenen an. Es war der Eindruck wie bei dem Spiel, bei dem die eigenen Arme und Hände versteckt werden und jemand anders hinter einem seine Arme so verwendet als wären es die eigenen. Auch das ließ nach einer kurzen Ruhephase im Bett nach. Etwas später konnte ich dann glücklicherweise das gewünschte Präparat kaufen, da ich nicht weit weg von roots of compassion (einem veganen Versandhandel auch für derartige Produkte) wohnte und arbeitete.

Nach Einnahme dieser Lutschtabletten verschwanden die genannten Symptome innerhalb von 15 Minuten.

Mein B12-Speicher schien leer zu sein. Anfangs war ich noch nachlässiger mit der Einnahme der Tabletten, doch da mich noch zwei Mal die Symptome mit der Sehstörung und den Phantomhänden heimsuchten, nahm ich sie alle drei Tage und kam damit gut zurecht.

Obwohl ich zu keinem Zeitpunkt medizinischen Rat in Anspruch genommen habe, scheint sich meine Diagnose bestätigt zu haben. Wichtig ist mir bei dem B12-Präparat, dass es keine anderen Nährstoffe beinhaltet, da ich sonst nicht sicher sein konnte, an was es wirklich mangelt.

Ich hatte die Einnahmen dann immer weiter gestreckt und auch wieder ganz eingestellt. Die Flasche reiste mit mir. Ich erklärte mir mein langzeitigeres Ausbleiben der Symptome mit meinen neuen Essensumständen. Ich war an Orten, wo es leicht möglich war direkt aus dem Garten oder von den Bäumen zu essen und auch Fallobst, was ja nicht perse überreif oder faul ist. Ich aß also schmutziger. Maximal mit der Hand, aber nicht mit Wasser gereinigtes Obst und Gemüse. War ja nicht behandelt worden und durch unzählige Hände gegangen.

Es ist in soweit plausibel, da das zugrunde liegende Cobalamin von Mikroorganismen und Bakterien produziert wird, die nicht nur in Verdauungstrakten, sondern auch an der Oberfläche von Pflanzen vorkommen (können).

Wen Symptome zurückkehrten, waren es meist oder als erstes die Sehstörungen, selten auch die Handwahrnehmung, nie die Konzentrationsprobleme. Und sie tauchten hin und wieder auf, nach Monaten ohne Tabletten und sonstige bewusste Zuführung. Die Abstände wurden immer länger. Manchmal nahm ich auch einfach eine Tablette, wenn ich die Flasche beim Räumen mal wieder in den Händen hielt. Ich spürte dann allerdings keine Veränderung, keinen auffälligen Boost oder vergleichbares.

Es verhält sich auch weiterhin so. Im letzten Herbst sowie auch im Winter und Frühling, habe ich gelegentlich eine Tablette gebraucht und dann auch festgestellt, dass sich die Flasche dem Ende zuneigt. Ja, es ist noch immer dieselbe, die ich vor über 11,5 Jahren gekauft habe. Erst gestern habe ich bewusst vernommen, dass es einmal 100 Tabletten gewesen sein sollen und das Best-use-before-Datum mit April 2013 angegeben ist.

Die letzten drei Pillen werden noch reichen, denke ich, auch wenn ich gestern erstmals zwei hintereinander genommen habe.

Denn obwohl ich gerade an dem Ort bin, von dem ich bisher gesagt hätte, noch keine Mangelerscheinungen gehabt zu haben, weil ich hier am dreckigsten esse, und derzeit sogar fermentiertes Gemüse, was ja angeblich auch einen B12-Beitrag leisten können soll, hatte ich gestern Abend zwei der Symptome.

Ich nahm eine Tablette gegen die Sehstörung und legte mich hin. Als ich wenig später jedoch aufstand als alles wieder normal wirkte, und einen Chat fortführen wollte, merkte ich, dass ich mich nicht konzentrieren konnte. Ich konnte überlegen und denken, aber mir gelang nicht den Satz, den ich schrieb zu verstehen und zu formulieren. Es erinnerte mich an das erste Mal, am Telefon. Ich nahm eine weitere Tablette und legte mich dann hin und schlief auch bald ein, deutlich früher als sonst.

Am heutigen Morgen war alles wieder wie Gewohnt. Ich wachte schon gegen 5 Uhr auf und schlief nicht wieder ein, wodurch ich nach morgentlicher körperlicher Aktivität ab dem Mittag ziemlich erschöpft war. Ich hätte nochmals schlafen sollen, aber blieb wach, was kurzzeitig zu einem dumpfen Gefühl im Kopf führte, das auch in Migräne hätte umschlagen können. Erfreulicherweise verlief der Abend dann ganz gewöhnlich.

Mein Umgang mit der Situation ist, wie so oft bei mir, durch eine Mischung aus Naivität und Grundvertrauen motiviert, abgeleitet durch mein Glück und meine positiven Erfahrungen. Nie habe ich meinen B12-Stand bisher feststellenlassen und das auch weiterhin nicht vor. Es ist keinenfalls eine Handlungsempfehlung oder ein Vorschlag. Jeder Betroffene möge seinen Umgang mit B12 selber entscheiden. Das Risiko ist individuell und das, was bei mir zu funktionieren scheint (Gewissheit habe ich nicht, aber genug Gelassenheit), wäre selbst bei gleichen Lebensumständen nicht übertragbar.

Ein Nachtrag vom 7. Juni:
Da ich auf der Internetseite von Jarrow nicht herausfinden konnte, ob ich die Tabletten auch irgendwo in einem Geschäft bekomme, habe ich per E-Mail angefragt und folgende Auskunft erhalten:

vielen Dank für das Interesse an unseren Produkten. Leider können wir Ihnen kein Ladengeschäft in […] nennen.
Gerne können Sie den gewünschten Artikel in einer Apotheke bestellen. Der Apotheken – Großhandel hat Lagerbestände bereit liegen.

Daraufhin hatte ich vor dies in Bielefeld dann nächste Woche wirklich zu tun, schaute aber heute spontan in einer großen Filiale der Drogeriekette Müller ins Regal mit den Nahrungsergänzungsmitteln und entdeckte Vitamin-B12-Minitabletten von Sunlife. Die Menge pro Tablette ist dieselbe. Die Tabletten sind kleiner und es sind weniger und somit auch der Spender gegenüber der Flasche platzsparender. Außerdem sind noch weitere Nährstoffe enthalten, von denen ich mir sage, dass sie nicht schaden können. Preislich ist es sogar etwas günstiger und so habe ich eine Packung mitgenommen.

Ich hoffe etwas zwiegespalten, dass ich diesen Sommer noch in die Verlegenheit komme ausprobierern zu müssen, ob sie für mich genauso gut funktionieren, wie die Jarrow-Tabletten bisher. Dann würde ich mich die nächsten Jahre damit behelfen, da ich nicht wie angegeben täglich zwei Tabletten nehmen werde, wünschenswerterweise auch nicht muss. Andernfalls doch noch eni Fläschchen vom Altbewährten bestellen, bevor ich wieder nach Spanien reise.

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