Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Kategorien Über Jan, veröffentlicht am Dienstag, 13. Februar 2018, letzte Änderung: Dienstag, 13. Februar 2018

Vermutlich ergeht es selbst diesem Blogartikel nicht anders als seinen Vorgängern bei mir. Die anfängliche Idee taucht plötzlich in meinem Kopf auf und brodelt dort eine Weile vor sich hin. Sie will also durchdacht und ausgefeilt werden. Dass ich mit dem Schreiben beginne ist schon eine Seltenheit und oft der Moment, der schon mein Bedürfnis nach schriftlicher und ungefragter Mitteilung stilllegt.

Ich spreche bewusst nicht davon, dass mein Mitteilungsbedürfnis befriedigt ist, denn fortwährend habe ich Freude daran und Verlangen danach meine Überlegungen und Erkenntnisse mitzuteilen und mich darüber auszutauschen. Jedoch reicht mir das alleine als Anlass nicht. Ich warte auf einen Impuls von außen. In den meisten Fällen fehlt es einfach an Personen, die Zeit und Muße haben ein Thema in der Tiefe zu erörtern, sowohl an Ort und Stelle als auch über die Ferne.

Mir geht es meist nicht darum meine Meinung zu verbreiten oder andere zu überzeugen, wobei das sicherlich immer mitschwingt. In erster Linie suche ich nach Klarheit für mich und mein Handeln, indem ich mir der Lücken und Widersprüche in meiner Argumentation bewusst werden will. Leider fallen sie mir weniger auf, wenn ich mich mit meinen Gedanken um mich selber drehe. Erst das wirkliche Ausformulieren oder Hinterfragen seitens tatsächlich anderer Blickwinkeln und Standpunkten zeigt die Stärken und Schwächen auf.

Der Vorgang Sätze und Texte in meinem Kopf mit dem Vorhaben zu formen sie niederzuschreiben oder sogar tatsächlich zu notieren, verschafft mir oft schon genug Klarheit, dass ich den nächsten Schritt, das Mitteilen, das Veröffentlichen scheue. Obwohl ich an einem für mich zufriedenstellenden Punkt angekommen zu sein glaube, verschwindet der Zweifel nicht etwas übersehen oder falsch geschlussfolgert zu haben. Und dann die übertriebenen, selber gemachten Ansprüche an die eigenen Texte: Gliederung, Formulierung, Wortwahl, Rechtschreibung und Grammatik… ein Fass ohne Boden. Am Ende nochmals alles durchlesen oder mit dem Gefühl, dass es passt rausschicken? Dabei weiß ich, dass es um nichts geht.

Ich neige eher dazu nichts zu sagen, wenn ich nicht ein hohes Maß an Gewissheit über die Korrektheit oder zumindest Validität meiner Aussagen verspüre. Oft nehme ich das als umso tragischer wahr, wenn ich mitbekomme mit welcher Leichtigkeit und inbrünstigen Überzeugung die Leute ihre Thesen und Meinungen für allgemeingültig erklären und in die Welt schmettern.

Zudem weiß ich ja, was ich zu sagen habe. Es mitzuteilen bringt mir erst einmal keinen Gewinn und Nutzen. Im Gegenteil, je länger ich meine Position zurückhalte und vage bzw. offen lasse, umso uneingeschränkter sind die Äußerungen meiner Gesprächspartner und umso breiter und tiefer mein Einblick in deren Kopf und somit in andere Welten. Anschließend nehme ich diese neuen Eindrücke her um damit meine Meinung erneut abzuklopfen.

In meiner Selbstwahrnehmung neige ich eher dazu mich für Widersprüche und Gegenrede zu interessieren, auch wenn gegen gelegentlichen Zustimmung nichts einzuwenden ist. Erst Konter und Kritik geben Anlass zur Veränderung und Verbesserung, zur Weiterentwicklung. Zumindest geht für mich von diesen ein größerer Antrieb aus. Es braucht natürlich alles Hand und Fuß.

Nicht erst der Aphorismus, dass wir zwei Ohren und nur einen Mund haben und somit doppelt so gut/oft zuhören sollten, wie wir selber sprechen, machte mir den Vorteil klar den es hat eher zu schweigen als zu reden. Zwar kenne ich auch das Phänomen in Gedanken bereits mit den eigenen Formulierungen zu beginnen und darauf zu lauern, wann der Redefluss des anderen eine Pause für die eigene Übernahme des Gesprächs bietet, jedoch tritt diese Selbsterkenntnis immer häufiger und früher ein und bringt mich wieder dazu meine Aufmerksamkeit zu justieren.

Ich stelle mir im betreffenden Moment oft die Metafrage warum ich mich gerade unterhalte und warum es wohl der oder die anderen tun. Sehr oft nehme ich lange Monologe wahr und wie sich ins Wort gefallen wird oder der eigene Redeschwall bereits beginnt bevor ein anderer geendet hat. Gedankenpausen gibt es kaum, weshalb dieser Prozess vielleicht meist parallel zum Zuhören versucht wird.

Für mich selber stelle ich auf jeden Fall oft fest, dass es mir in erster Linie wie schon gesagt um Klarheit für mich selber geht. Dass ich ein Bedürfnis nach Ordnung und Übersicht im Gedachten habe und hier und da nur ein bisschen Selbstbestätigung durch mich selber bedarf. Es geht mir nicht ums Mitteilen, weshalb ich viele lange, teils fertige, teils unfertige Mails und Blogtexte habe, die ich nie abgeschickt oder veröffentlicht habe. Beim Durchdenken und Ausformulieren wird mir immer wieder bewusst, dass es mir doch mehr um mich geht als um den anderen bzw. dass ich zufriedenstellende Antworten finde, während ich die Fragen an andere formuliere. Und ich letztendlich, wie anfangs erwähnt, niemanden ungefragt belehren und vollquatschen will. Zuhören ist anstrengender als reden.

Wahrscheinlich werde ich dennoch weiterhin Texte hier veröffentlichen. Es bleibt ungewiss, wie oft, welche und wann. Das entscheidet sich manchmal erst direkt nach dem letzten Satz.

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