Erdbeere

Kategorien Früchte, veröffentlicht am Sonntag, 17. Juni 2018, letzte Änderung: Samstag, 14. Juli 2018
Blick in ein Erdbeerbeet

Eine weitere, gute bekannte Frucht, die vielleicht am besten meinen Jahres- bzw. Saisonwechsel begleitet. Die ersten Früchten auf der Finca Tierra werden kurz vor meiner Abreise reif und wenn ich in Flores de Vida eintreffe, kann ich dort je nachdem direkt oder kurz darauf die ersten Früchte genießen.


Finca Tierra

Es gab bereits ein paar wenige, klägliche Erdbeerpflanzen und keine große Bemühungen sich ihnen zu widmen, da die Früchte in der Vergangenheit Eidechsen oder den dortigen Tausendfüßern als Nahrung dienten. Sie kamen uns zuvor.

In der Saison 2016/2017 hatte ich deshalb fast alle vorhandenen Pflanzen auf eine Hälfte des nicht mehr intensiv genutzten Kartoffelackers umgesetzt und ihnen somit Platz zur Ausbreitung und Versorgung durch die automatische Bewässerung gegeben.

Erfreulicherweise konnte ich den Erfolg dessen während meines letzten Aufenthalts feststellen. Die Pflanzen hatten sich gut entwickelt, sich vergrößert und vermehrt, sogar Landgewinn in Richtung des invasiven Elefantengrases gemacht. Die ansehnlichen Früchte, die noch während meiner Anwesenheit reiften, schmeckten köstlich und waren von Tieren unberührt. Viele Fruchtkörper waren noch in der Entwicklung und noch vor meiner Abreise hatte ich im Beet gejähtet und gut gemulcht. Zwar hat das anschließend feuchte Wetter für ein erhöhtes Aufkommen der Tausendfüßer gesorgt, aber es blieben Früchte über. Ich bin gespannt, was ich bei meiner Rückkehr vorfinden werde.

Flores de Vida

Die Inspiration für mein Vorgehen nahm ich aus den Beobachtungen in Flores de Vida. Dort gibt es bereits seit ein paar Jahren vier unterschiedlich große Beete, die jährlich größer werden und je nach Anzahl der anwesenden Personen für wenige Wochen im Mai und Juni täglich eine Mahlzeit bereitstellen. Die Pflanzen sind nicht in Reihen wie auf den üblichen Erdbeerfeldern angeordnet, sondern als sich selber gestaltende Beete, in den flache Steine zur Begehung liegen. So betreten wir einen Stein, gehen in die Hocke, drehen uns beim Pflücken um uns selber bis keine reifen Früchte mehr in Reichweite sind und schreiten zum nächsten Stein.

Eins der Erdbeerbeete in FdV
Gut zu sehen: die flachen, weißen Gehsteine.
Das längste Erdbeerbeet in FdV
Das längste Erdbeerbeet in FdV. Flankiert von Weinranken.
Feld der zwei Sorten
In diesem Feld wachsen auch winzige, wilde Früchte.
Wilde Erdbeere
Die Blätter der wilden Sorte sind auch heller und leicht anders geformt.

Erdbeeren lösen für mich im Prinzip die Orangen ab und so beginne ich meinen Tag damit in den Garten hinunter zu laufen und mich den kleinen, saftigen, süßen Früchten zu widmen. Oft waren sie auch schon mein Willkommensmahl. Denn wenn ich per Fußmarsch anreise – was meist der Fall ist – gehe ich auf dem Weg zum Wohnbereich des Geländes durch den Garten und schaue, ob ich Glück mit dem Reifegrad der Erdbeeren habe.

Es ist immer wieder faszinierend festzustellen wie die Saison vom einen auf den anderen Tag losbricht. Erst sind vereinzelt Früchte zu finden, die bereits eine rote Hälfte haben, während die meist sonnenabgewandte Seite noch weißlich ist. Dann mehr und mehr hellrote und plötzlich überall reife Früchte. So viele auf einmal, dass wir, wenn es sich ergibt, auch welche zu Freunden und Bekannten mitnehmen.

Die vier Beete sind etwas verteilt, aber alle zur gleichen Zeit in der Reife. Es ist ein und dieselbe Sorte, wobei es in einem Feld auch winzige, wilde Erdbeeren gibt.

Eine Handvoll Erdbeeren
Ein kleines Beerenrudel kurz vor der Nahrungsaufnahme

Wenn ich nicht gerade einen Teil des Sommers in Deutschland verbringe, gehören Erdbeeren nur für kurze Zeit zu meinem Nahrungsangebot. Zum jetzigen Zeitpunkt sind es gerade mal drei Wochen und so langsam neigen sie sich dem Ende. 2017 habe ich reichlich Erdbeeren während meines Aufenthaltes in Deutschland genossen und denke es auch diesen Juli wieder zu tun.

Regional und saisonal

Die Erdbeere steht meiner Wahrnehmung nach in Deutschland symbolisch für das Bewusstsein, dass es bedenklich ist Waren zu konsumieren, die aus der Ferne kommen und unter meist ökologisch zweifelhaften Bedingungen produziert werden, wenn es sie doch auch, zumindest zeitweise, im Land selber gibt.

Absurd daran ist natürlich, dass vielleicht noch viele überzeugt sagen, sie würden frische Erdbeeren nur während der Saison und dann aus Deutschland kaufen, aber dieselbe Überlegung beim Griff zum Erdbeeryoghurt oder anderen erdbeerhaltigen Produkten nicht mehr gilt. Mal davon abgesehen, dass Wert auf den Enthalt von echten Früchten und nicht nur Aromen gelegt wird.

Auch ein Bioprodukt zu kaufen ist kein Trost. In der Regel wird damit ja nur festgelegt, dass bestimmte Grenzwerte an Substanzen nicht überschritten werden dürfen. Die Auswirkungen auf die Umwelt am Erzeugungsort und die Arbeitsbedingungen sind davon nicht berührt.

Das gleiche Phänomen gab es bei den Eiern. Frisch mussten sie dann irgendwann aus Freiland- oder zumindest Bodenhaltung sei, aber auf die Herkunft der Eier in Fertigprodukten wurde nicht geachtet.

Es wird noch schlimmer

Untergebracht habe ich diesen Abschnitt auch, weil ich in letzter Zeit auf einen kurzen Artikel und eine ausführliche Reportage zum Thema gestoßen bin, die ich sinnvoll verlinken möchte. In beiden geht es um die grundsätzliche Situation in Spanien, die ich zumindest optisch persönlich kenne. Für den Obst- und Gemüsebedarf in Nordeuropa, vor allem Deutschland, wird hier die Landschaft mit Plastik überzogen. Unmengen an Wasser und Biomasse werden aus dem Land gebracht.

Schwierig zu beantworten finde ich die grundsätzliche Haltung zu den damit verbundenen Arbeitsverhältnissen, insbesondere wenn es keine Alternativen gibt, um ein deutliches Zeichen zu setzen. Stelle ich meinen Konsum ein, weil ich nicht will, dass die involvierten Arbeiter so behandelt werden, wie sie behandelt werden, sorge ich auch gleichzeitig dafür, dass ihnen das Einkommen komplett fehlt.

Das ist wieder ein Beispiel für globale Situationen, in denen eine Schwarz-Weiß-Sicht, gerade die aus deutschem Wohlstand heraus, nicht funktioniert. Für uns ist Kinderarbeit fürchterlich, aber was sind die Alternativen am Ort des Geschehens, wenn Schule oder Schulbildung nicht vorhanden sind oder eben nicht dafür sorgen, etwas zu essen zu haben.

Mein Ausweg aus dem Dilemma ist einer der Gründe für mein vagabundierendes Leben im Süden. Zu den Früchten zu gehen, statt sie zu mir kommen zu lassen. Möglichst nur das zu essen, das in meiner Nähe wächst, direkt vom Erzeuger, wenn es nicht sogar selber angebaut oder von allein gewachsen ist.

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