Onlinepetitionen

Kategorien Sichtweisen, veröffentlicht am Dienstag, 19. Juni 2018, letzte Änderung: Mittwoch, 29. Juni 2022

Durch eine weitergeleitete Mail bin ich mal wieder mit dem Thema der Onlinepetitionen in Berührung gekommen und habe mir deshalb dazu ein paar Gedanken gemacht. Ob sie sinnvoll sind und einen Effekt haben, ist wahrscheinlich im Einzelfall zu betrachten, weshalb ich ein paar grundsätzliche Überlegungen anstelle.

Nicht nur nutzen ja diverse Organisationen und Vereine dieses Mittel um Unterstützung für ihre Anliegen und Vorhaben zu sammeln, seit Jahren gibt es ja auch Plattformen, die es jedem ermöglichen online Stimmen für selber gestartete Petitionen zu sammeln.

Fluch und Segen

Und über all diese Vorgänge lässt sich per E-Mail informieren, so dass im Prinzip täglich mehrfach Mitmachaufrufe im Postfach eintreffen könnten. Mit wenigen Klicks ist die eigene Zustimmung gegeben, das Gewissen beruhigt und die gute Tat getan.

Das klingt abwertender und vorwurfsvoller als es gemeint ist, denn immer wieder zeigt sich, dass auch diese Form des Protestes Erfolg hat. Und viele Unterzeichner beteiligen sich andernfalls gar nicht an solchen Prozessen.

Denn was leider zu beobachten ist, ist die Widersprüchlichkeit zwischen den eigenen Aussagen bzw. Forderungen und den eigenen Handlungen. Eine Haltung, die den Anspruch enthält seinen Gewohnheiten weiter unverändert nachzugehen und die Verantwortung für deren Unbedenklichkeit und Schadlosigkeit anderen aufzubürden, wahlweise Politik oder Wirtschaft respektive Industrie.

Nur ein Klick

Nicht zu unterschätzen finde ich den Automatismus und die Einfachheit mit der diese Petitionen inzwischen funktionieren. Zwar ist jede einzelne in der Regel mit viel Text, Argumenten, Begründungen und Erklärungen versehen, aber wer liest diese schon und vor allem wägt sie ab, wenn es reicht drei, vier Felder zu füllen – wenn diese nicht eh schon vorbefüllt sind – und einen Knopf zu klicken?

Denn auch wenn mit Berechtigung Vertrauen vorhanden ist und davon ausgegangen werden kann, dass überwiegend gute Absichten der Antrieb sind, so handelt es sich dennoch meist um Lobbyarbeit, also einseitige Interessenvertretung und somit ist Gleichgültigkeit nicht wirklich angebracht. Als ich irgendwann anfing mehr und mehr der Aufrufe in Gänze zu lesen, fand ich zunehmen Bedenken in den Argumenten und Forderungen. Nicht unbedingt, dass sie falsch gewesen wären, aber das sie nur einen Teil des Problems zeigten oder nur einen bestimmten Lösungsweg propagierten. Heiligt das Ziel die Mittel?

Wir folgen alle unterschiedlichen Prinzipien und Prioritäten. Es ist wesentlich leichter sich darauf zu einigen, was wir nicht wollen als sich darauf zu verständigen, was wir gemeinsam wollen. Das ist sowohl meine Erfahrung aus gesellschaftspolitischem Engagement als auch aus dem Leben in Gemeinschaften.

Das einleitende Ereignis hat mit dem Fall zu tun, dass wir auf eine Petition stoßen, die uns wirklich persönlich berührt und überzeugt. Die wir für besonders wichtig und sehr unterstützenswert halten. Wie gehen wir damit um? Leiten wir den Aufruf an bestimmte Personen oder gleich unser ganzes Adressbuch weiter? Wird die gute Sache in dem Moment zum Spam, da davon auszugehen ist, dass die meisten von uns regelmäßig ungewollt Post erhalten, die die Aufmerksamkeit ungefragt bindet? Wie verhindern, dass der Hinweis auf ein Anliegen nicht zu einem Nervfaktor wird? Immerhin ist es das einfachste, was ich selber beitragen kann und vielleicht auch das einzige, um die Sache voran zu bringen. Gleichzeitig die Annahme, dass die anderen schon informiert sein könnten oder einfach nicht die Kapazität haben sich mit solchen Anliegen zu beschäftigen.

Durch meine Internetseite kann ich mich damit retten die Information dort weiter zu geben. Das ist immerhin weniger invasiv. Wichtig wäre für mich in jedem Fall die persönliche Note und Bedachtheit. Der Aufwand der Weiterleitung sollte die persönliche Bedeutung zumindest widerspiegeln, dann würde ich es nicht als störend empfinden.

Gib uns dein Adressbuch

Verwerflich finde ich die Mechanismen, die die Petitionsbetreiber selber schon anbieten, um über eigene Systeme jeden Unterzeichner zum Verbreiten zu drängen. Wobei auch das Wort etwas übertrieben sein mag und es natürlich verständlich ist die persönliche Empfehlung als Instrument zu nutzen. Aber auch hier sehe ich in der Vereinfachung wieder den Hang zur Gedankenlosigkeit. Es wird nämlich nicht die Zeit genommen und Mühe gemacht die eigene Motivation nahe zu legen, sondern die vorgefertigten Standardtexte in die verschiedenen Kommunikationskanäle gespült, was den Spam- und Nervcharakter erhöht. Bedenklich finde ich außerdem die Aufforderungen fremde E-Mail-Adressen in Onlineformulare einzutragen, damit die Betreiber ihre Petitionsaufrufe den Empfängern zusenden.

Das ist eine Übergriffigkeit, die mir sehr missfällt. Ich möchte meine sämtlichen Kontaktdaten inklusive E-Mail-Adresse als private Information verstanden wissen, von der ich selber entscheide, wem ich sie für welche Zwecke mitteile. Und jeder der eine E-Mail-Adresse von mir hat, möge sie auch nur mit seinem E-Mail-Client für den Kontakt mit mir nutzen und nicht auf sonstigen Internetseiten eintragen. Deshalb personalisiere ich sie in der Regel auch weitestgehend. Auch von der Weitergabe meiner E-Mail-Adresse (schlimmstenfalls noch über die Kommunikationswege von Datensammelunternehmen) an andere Personen zur Kontaktaufnahme bitte zu Gunsten des Verweises auf mein Kontaktformular abzusehen. Der Nutzung mit Gmaîl würde ich dabei am liebsten auch widersprechen, aber das ist ein anderes, schwierigeres Thema.

Empfehlungen

Schaue ich zum Abschluss noch durch die entsprechenden Newsletter, die ich noch im Abonnement habe, dann sind darunter:

Aktuell auch passend zu meinem vorigen Artikel, ist die jüngste Aktion von letzt genanntem Verein: Obst- und Gemüseproduktion in Südspanien verunreinigt das Meer.

In dem Zusammenhang fällt mir wieder die Seite für E-Petitionen des deutschen Bundestages ein, auf der ich mal eine Zeit lang regelmäßig nach Anliegen geschaut habe, die es mir wert schienen zu unterstützen. Obwohl diese am nächsten an den Entscheidungsträgern sind, finden die dortigen Vorschläge selten genug Unterzeichnungen. Bei meiner jetzigen Sichtung im Zuge dieses Textes, habe ich mir mal deren RSS-Feed abonniert und werde vielleicht je nach Lust und Laune wieder aktiver dort.

Welches waren die letzten Petitionen, die ihr unterzeichnet habt? Was war eure Motivation? Gibt es Plattformen oder Organisationen von denen ihr euch zur Petitionsteilnahme aufrufen lasst?

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