The grande bouffe

Categories Travel report, published on Monday, 18. December 2017, last modification: Wednesday, 20. December 2017

Sorry, this entry is only available in German.

Die Abwandlung eines aktuellen Zitates aus der Politik könnte lauten “Nicht zu schreiben ist besser als schlecht zu schreiben.” Aber ich nutze meine aktuelle Motivation und schreibe nun auch zum zweiten Teil meiner Reise und zu allem, was mir dabei noch in den Sinn kommt. (Hier ist der erste Teil.) Es gelingt mir mit Sicherheit nicht alle Hinweis aus dem weiter unten erwähnten Buch zu berücksichtigen und weil ich mich auch nicht kurz fasse, fehlt mir die Geduld den gesamten Text mit angemessener Gründlichkeit Korrektur zu lesen. Freut mich, wenn du trotzdem gewillt bist weiter zu lesen. Viel Spaß.

In der Regel richte ich meine Fähraufenthalten so aus, dass ich die Zeit für mich verbringe und nicht darauf Bekanntschaften zu machen. Für gewöhnlich höre ich über mein Handy Podcasts während ich einfach nur innen oder an Deck sitze und döse oder ich nutze mein Netbook zum Lesen, Schreiben und Gucken. Meist nutze ich die Geräte im Wechsel, je nachdem welches gerade auflädt. Es gibt keine Stromversorgung an den Plätzen und auch generell nur wenig freie Steckdosen, unter anderem an Mehrfachsteckdosen, an denen Getränke- und Snackautomaten angeschlossen sind. Dieses Mal gab es zumindest keinen großen Andrang und es war immer eine Gelegenheit zum Anstöpseln vorhanden.

Keine Ahnung, ob erst bei Abfahrt die Heizung oder Klimaanlage angeschaltet wurde oder ob die vielen Menschen an Bord zur Aufwärmung führte, jedenfalls wurde es mit der Zeit angenehmer und die Innentemperatur erreichte 22/23° C. Draußen war es sonnig, aber durch Wind gefühlt deutlich kälter. Ich werde auf der Fähre immer schläfrig, was ich auf das sachte Schaukeln schiebe.

Auf dieser Überfahrt habe ich auch mal wieder in einem Buch aus Papier gelesen. Ich hatte begonnen zum zweiten Mal Denksport Deutsch  zu lesen. Durch Wiederholung und Anwendung kann ich Wissen vertiefen und ich mag das Wissen in diesem Buch.

Und während ich mittwochs irgendwann im Verlauf des Tages auf dem Deck stand und laß, fiel mir jemand auf, der sich mit neben mir sitzenden unterhielt. Ich bekam nicht mit, worum es ging, aber sie wirkend als würden sie sich kennen. Kurz darauf war er wieder suchend umher schauend unterwegs. Ein großer Mann mit grauem Haar, T-Shirt, kurzer Hose, weißen Strümpfen in Ledersandalen. Ich laß weiter, sah die bestrumpten Sandalen über den Rand meines Buches auf mich zu kommen und wie selbstverständlich sprach er mich an und sagte sinngemäß so etwas wie “inzwischen ist es ja deutlich wärmer”. Wir standen zwar in der Sonne, aber ich fühlte mich bei dem Wind in langer Hose und mit Jacke wohler. Höflicherweise antwortet ich etwas passendes, woraufhin er das Gespräch mit weiteren Fragen fortsetze, die er so formulierte als würde er an eine vorige Unterhaltung anknüpfen. “Und auf welche Insel fahren Sie nochmal?” Ich weiß nicht mal mehr, ob er mich geduzt oder gesiezt hat. Es waren alles Standardfrage wie Woher, Wohin, Wieso, Weshalb, Warum, die ich alle nicht ausführlicher als nötig beantwortete. Mir war einfach nicht nach Unterhaltung und ich fand die Herangehensweise auch zu übergriffig. Keine Ahnung, ob er mich verwechselt hat, verwirrt war oder das seine Art und Weise ist sein Kommunikationsbedürfnis zu stillen. Ich stellte jedenfalls keine Gegenfragen und nutze Pausen, um wieder in mein Buch zu schauen. Er schlenderte dann auch irgendwann weiter.

Die beiden Schweizer hatte sich in der Sitzreihe hinter mir platziert und so ergaben sich immer mal wieder Gespräche, die ich als angenehm empfand. Es sei ihre erste Fährfahrt auf die Kanaren und so konnte ich mit meiner Erfahrung einige Auskünfte geben. Zum Beispiel, dass auf der Fähre bereits die kanarische Zeit gilt und die Uhren eine Stunde zurückzustellen sind.

Ihnen erging es auch wie mir bei meiner ersten Nutzung dieser Fährverbindung. Es ist nicht ersichtlich, dass im Ticketpreis auch regelmäßige Mahlzeiten enthalten sind. Morgens, mittags und abends gibt es ein Buffet, an dem aus zwei bis drei Speisen bzw. Gerichten gewählt werden kann. Dazu erhält jeder ein Brötchen, ein Getränk nach Wahl und einen Nachtisch in Form von Joghurt, Pudding oder einer Frucht.

Die Beobachtung, dass mindestens fünf Personen an der Speiseausgabe und mit dem Geschirrabtransport beschäftigt waren, brachte die Frage auf, wie sich das rechnen kann. Der Speisesaal ist zu den Essenszeiten allerdings voller Passagiere, die im Passagierraum nicht zu sehen sind. Sehr viele scheinen also Kabinenplätze zu buchen. Außerdem stelle ich bei meinen Überfahrten alle sechs bis zwölf Monate fest, je nachdem mit welcher Gesellschaft ich fahre, dass sich die Ausstattung und das Angebot verbessert.

Anfangs war beispielsweise die Internetverbindung zwar frei, aber kaum nutzbar. Die Bandbreite zu dünn für die Menge an Menschen mit Smartphones. Beim letzten Mal war dann ein akzeptabler Zustand erreicht, der nun durch die Bezahlschranke vermutlich noch besser geworden ist.

Das Angebot am Buffet ist jedes Mal besser geworden. Während die Salatauswahl bei meiner ersten Fahrt noch aus Eisbergsalat, Tomatenstücken und Zwiebelringen bestand gibt es inzwischen gemischten Blattsalat, Spinat, Mais, Karotten, Rotkohl, Tomaten, kalte Nudeln. Tierhaltig sind die meisten Gerichte weiterhin; es gibt nicht immer gleichwertige Alternativen. Und während es früher zum Frühstück nur Brötchen mit Aufschnitt, Schnittkäse oder Konfitüre gab, stehen inzwischen auch Kelloggs sowie Muffins, Donuts, Croissants etc. zur Auswahl.

Dieses Mal hat am Ende der Essensausgabe auch ein Crewmitglied eine Strichliste geführt. Offenbar wurde erhoben welche Speisen gewählt wurden. Es ist alles nichts besonderes, aber in Ordnung. Gewöhnliche Fertigprodukte und vergleichbar mit schlichtem Kantinenessen. Jedenfalls große Mengen, die aufgefahren werden und mich immer grübeln lassen, was wohl mit den ganzen Resten passiert.

Ich wundere mich ja schon immer wie viele die Leute auf ihren Tabletts zurücklassen, aber nichts im Vergleich zu dem was bei Schließung des Buffets übrig bleibt. Und es gab jedes Mal etwas anderes, abgesehen von Pommes Frittes.

Erst am letzten Tag betrachtete ich mein Essverhalten mit angemessener Selbstkritik. Zufällig laß und hörte ich verschiedenes zum Thema Ernährung, was ein Auslöser gewesen sein mag, aber am lautesten ging mir die Textzeile “Es ist umsonst und das ist das Problem, denn wenn was umsonst ist, lässt mans nicht einfach stehen.” durch den Kopf. Gut, es war nicht umsonst, im Gegenteil, es war bereits bezahlt, aber Notwendigkeit gab es für mich keine vom Buffet zu essen und so viel zu essen.

Morgens aß ich zwar von den Granatäpfeln und Orangen, die ich mitgebracht hatte oder auch Äpfel und Birnen vom Buffet, aber mittags und abends nahm ich mir reichlich Salat und dazu Fritten oder Nudeln. Immerhin lehnte ich Brot, Dessert und Getränke ab, da ich selber genug Wasser mitgenommen hatte und eh wenig trinke und sagte begründete meine Speisenwahl mit meiner Entscheidung keine Tiere zu essen. Die Botschaft muss ja verbreitet werden. Ansonsten ließ ich mich vom Angebot und der Stimmung mitreißen und richtete mich nach den Buffetzeiten und nicht nach meinem Hungergefühl. Essen ist eben auch eine Beschäftigung.

Im Grunde ist die Zeit auf der Fähre ideal um zu fasten. Ich sitze eh nur herum und gehe keiner Tätigkeit nach. Keiner fordernden oder energielastigen. Das würde mir das Mitschleppen von Essen ersparen. Mein Vorhaben für die nächste Überfahrt ist jedenfalls meine Willenskraft zu trainieren und ab Verlassen der Finca bis zur Ankunft am nächsten Zielort nichts zu essen oder zumindest nur geringe Mengen Früchte.

Ich hatte gar nicht die Absicht eine Art Rezension über trasmediterranea zu schreiben, darum schließe ich das Kapitel nun ab, indem ich noch erwähne, dass ich das Personal als freundlich und angenehm wahrgenommen habe und dass es auf dem Außendeck inzwischen auch Holzmöbel zum Hinsetzen und Hinlegen gibt, was eine deutliche Verbesserung ist. Wer weiß wozu diese Erwähnung nützt.

Die Sitzreihen enden vorne an einer Trennwand, an der ein Flachbildschirm hängt. Bei meinen früheren Fahrt liefen darauf immer irgendwelche Blockbuster, dieses Mal durchgehend ein spanischer Fernsehsender, auf dem es massenweise Werbung für Parfum gab. Die Lautstärke ist zwar so gering, dass ich an meinem Sitzplatz nichts höre, aber das frontale Flackern ist ein Blickfang und so entdeckte ich auch, dass auf diesem Sender die deutsche Serie Alarm für Cobra 11 in spanischer Synchronisation lief.

In der zweiten Nacht erreicht die Fähre die Kanaren, indem sie am Hafen von Arrecife, Lanzarote anlegt. Es ist der kürzeste Aufenthalt und normalerweise verschlafe ich ihn. Die Insel interessiert mich allerdings auch nicht sehr. Obwohl mit diesem Stopp der größte Teil der Strecke zurückgelegt ist, lag der zeitlich längere Teil noch vor mir. Die beiden Aufenthalte in Las Palmas de Gran Canaria und Santa Cruz de Tenerife am Donnerstag dauern mehrere Stunden, um das Schiff zu ent- und beladen. Es ist möglich während dieser Zeit die Fähre auch nur vorübergehend zu verlassen. Dazu werden die Passagiere gebeten sich mit Namen, Reisepassnummer und Uhrzeit des Ausgangs in eine Papierliste einzutragen.

So ergab sich auch, dass die beiden Schweizer und ich uns namentlich vorgestellt haben. Wir gingen morgens nämlich gemeinsam nach Las Palmas. Auch hier konnte ich wieder mit meinen Kenntnissen glänzen und habe sie bis zum Strand geführt. Dort haben wir uns getrennt und ich bin alleine weiter gezogen. Als ich vor vier Jahren dort mit dem Segelboot ankam und für zwei, drei Wochen verweilte, habe ich die Stadt und ihre Ressourcen kennengelernt. Mein Jäger-und-Sammler-Programm sprang sofort an und ich suchte die mir bekannten Quellen auf. Mein Beutezug auf dem Markt blieb erfolglos. Zwar bestand die grundsätzliche Bereitschaft mir etwas zu geben, aber erst zum Ende hin, wenn ich schon wieder auf der Fähre sein müsste. Jedoch hatte ich dort Erfolg, wo ich mir ziemlich sicher war: in einer Konditorei.

Ich weiß nicht, wie sie es dort handhaben, aber jedes Mal, wenn ich dort frage, und sei es nur einmal alle halbe Jahr auf der Durchreise, haben sie ein Papptablett mit aussortierten Törtchen, wie für den Verkauf verpackt, das sie aus der Kühlung holen und mir geben. Zeug, das ich nicht esse und vielleicht auch nicht verbreiten sollte, aber ich überlasse jedem die Entscheidung, ob und was er ist und was nicht und fühle mich damit wohler, wenn zubereitete Speisen gegessen werden statt weggeworfen. Eine zweite Konditorei teilte mir immerhin mit, dass sie die Reste an die Caritas geben.Paket mit Süßspeisen

Ich war zuversichtlich auf der Fähre Abnehmer zu finden und kehrte mit meinem Geschenk zurück. Und tatsächlich erfreuten sich sowohl meine Sitznachbarn hinter mir als auch weitere deutsche Touristen um mich herum an der unerwarteten Nachspeise. Jedoch war das Schiff inzwischen deutlich leerer und so blieb noch einiges übrig. Außerdem gab es auch Personen, die sagten, dass sie so etwas nicht essen. Sag ich ja! Massenweise Sahnespeise

Am Abend erreichten wir dann Teneriffa. Die Reise der Schweizer endete hier. Ich ging ebenfalls von Bord, um in der nah gelegenen Stadtbibliothek von Santa Cruz die Zeit im Internet zu verbringen. Diese Einrichtung ist jeden Tag rund um die Uhr geöffnet und stellt freien Zugang zur Verfügung. Witzigerweise hatte ich dort für mehrere kurze Phasen das Gefühl zu schwanken. Irgendwie meinte mein Gleichgewichtssinn, dass ich mich auf dem Wasser befinden würde, während ich auf Land stand.

Nach meiner Rückkehr auf die Fähre, die nun noch leerer war, überlegte ich, wie ich die verbleibenden Törtchen nun loswerde ohne sie zu Fischfutter werden zu lassen. Eine Kühlung hatte ich ja nicht. Also fing ich an der Besatzung anzubieten zuzugreifen und hatte tatsächlich Glück. Sowohl das Küchenpersonal als auch Crewmitglieder, die sich an der Rezeption aufhielten griffen dankbar zu. Es reichte nicht einmal für alle. Sie wussten nichts von der Herkunft dieser kleinen Aufmerksamkeit und ich habe es nicht erläutert. Vermutlich nahmen sie an, dass ich sie für sie gekauft hätte. Naja, immerhin habe ich sie organisiert und unterm Strich haben sich alle gefreut.

Die Fähre legte um Mitternacht in Teneriffa ab und als ich morgens wach wurde, war schon die Endstation und mein Ziel in Sicht. Unter den verbleibenden Fahrgästen mit Auto war leider keiner dabei, der noch Platz für mich gehabt hätte oder in die Richtung fuhr, in die ich wollte.

Das für mich amüsanteste Phänomen auf der Fähre ist das Schauspiel, das sich bietet, wenn die Passagiere mit ihren Autos vom obersten Deck die Rampe herunterfahren. Es gibt dort ein Besatzungsmitglied, das beim Manövrieren hilft bzw. es versucht und mit unterschiedlichsten Handzeichen und Armbewegungen die Fahrer einweisen will einfach vom Schiff zu gelangen doch kaum Beachtung bekommt. Der arme Kerl schüttelt ständig mit Unverständnis den Kopf oder schlägt sich die Hände vor Verzweiflung überm Kopf zusammen. Der gemeine Autofahrer ist nicht gewillt ihm Vertrauen zu schenken und seine Erfahrung zu erkennen und beharrt lieber auf den eigenen Überzeugungen. Ich kann nachvollziehen, dass die Bereitschaft einem Unbekannten sich und sein Auto anzuvertrauen gering ist, aber meine Beobachtung spricht dafür sich darauf einzulassen. Konkret geht es darum, dass die meisten Autos vorwärts aufs Deck gefahren sind und nun erst einmal rückwärts starten müssen. Der Einweiser zeigt selbst für mich als ungeübten Autofahrer deutlich, dass die Fahrer rückwärts bis an die Wand fahren sollen, um dann geradeaus die Rampe herunterfahren zu können. Jedoch fahren diese erst einmal Bögen, um dann in einer Vorwärtskurze auf die Rampe zu fahren. Leider bekommt kaum einer den richtigen Radius auf Anhieb hin und es beginnt ein mehrfaches Vor und Zurück.

Blick in Fahrtrichtung aufs Parkdeck
Noch ist die Rampe rechts hochgeklappt. Die Autos parken links. Ich stehe mit dem Rücken an einer Wand. Und an dieselbe Stelle sollen die Autos mit dem Heck fahren.
Das Parkdeck der Fähre
So sieht die Situation aus der anderen Richtung aus. Die Autofahrer müssten mit dem Heck nur den roten Pfeil an der Wand ansteuern.
Die Wendefläche auf dem Parkdeck
Vom Standpunkt, von dem ich dieses Foto gemacht habe, ist die Rampe links und die Wand rechts. Und leider fahren die Passagier rückwärts an diese Stelle, schaffen dann aber meist keinen passenden Bogen, um auf die Rampe zu gelangen.

Die autolosen Passagiere werden mit einem kleinen Shuttle vom Schiff gebracht, welcher so lange rauf und runter fährt, bis alle von Bord sind. Tatsächlich waren wir genau einer mehr als hinein passte. Da ich aber eh erst alle Autofahrer befragte, ließ ich die anderen den Shuttle besteigen. Dass ich dann anschließend der einzige Fahrgast bei der zweiten Shuttlefahrt war, führte offenbar dazu, dass keine Personenkontrolle stattfand. Direkt an der Ausfahrt der Fähre steht die Hafenpolizei, die Guardia Civil und sichtet die Reisepässe der Passagier und begutachtet Gepäck stichprobenartig. Der Shuttlefahrer machte bereits Anstalten anzuhalten, aber die Beamten reagierten nicht bzw. machten eher den Eindruck des Desinteresses, so dass er wieder beschleunigen wollte, als ich ihn bat mich herauszulassen. Der Shuttle fährt nämlich zum Hafengebäude mit den Verkaufsschaltern und Warteräumen, während ich den Hafen in andere Richtung verlassen wollte, da dort der Verkehr langläuft, dem ich mich als Anhalter entgegenstellen wollte.

Während ich mein Gepäck entlud, kamen zwei Beamte auf mich zu und fragten nach meinen Dokumenten. Zielsicher griff ich dorthin, wo ich meinen Reisepass vermutete, fand ihn dort aber nicht. Also suchte ich weiter und griff immer wieder ins Leere an Stellen, an denen ich ihn vermutete. Ich verstaue ihn am immer gleichen Platz und brauche ihn die meiste Zeit nicht. Für Situationen wie die Überfahrt, wo ich ihn vorzeigen muss, packe ich ihn woanders hin. Dann kam hinzu, dass ich die Fähre zwei Mal verlassen hatte und ihn jedes Mal bei mir hatte, aber einmal eine Umhängetasche und einmal meinen kleinen Rucksack benutze. Ich hatte beim morgigen Zusammenpacken nicht bedacht ihn nochmals griffbereit haben zu müssen und wusste nun nicht mehr, wo ich ihn hingesteckt hatte. Keine Ahnung, was die beiden gedacht haben. Mag wie so eine Szene mit einem Schwarzfahrer gewirkt haben. “Wo habe ich ihn den nun? Eben war er doch noch da!” Ich weiß nicht wie ich gewirkt habe, aber meine Selbstwahrnehmung war, dass ich in Ruhe mehr und mehr meines Gepäcks öffnete. Ich reichte den beiden bereits meinen abgelaufenen Personalausweis und meinen Führerschein, die ich sofort zu Händen hatte. Ich hielt inne und versuchte mir den Ablauf zu vergegenwärtigen. Die Beamten merkten an, dass der Führerschein nicht zur Identifizierung taugte, weil das Foto kaum Ähnlichkeit aufweise. Bei der Gelegenheit habe ich selber mein 17 oder 18jähriges Ich mal wieder gesehen und schmunzelte. Ich stand für einen Moment still und schloss die Augen. Ich war mir sicher ihn nicht auf der Fähre gelassen zu haben. Ich hatte vor Verlassen nochmals meinen Platz gesichtet. Ich erinnerte mich, dass ich in Teneriffa mit meinem kleinen Rucksack unterwegs war und leerte diesen deshalb aus. Tatsächlich war er nicht in der kleinen Innentasche, sondern ganz unten am Boden. Vermutlich hatte ich ihn unbemerkt daneben geschoben.

Sie notierten Angaben von meinem Reisepass in einen kleinen Papierblock und fragten mich nach meinen Plänen. Wie lange ich bleiben wolle und ob es eine Adresse gebe, an der ich anzutreffen wäre. Ich teilte die Informationen bedenkenlos und ohne zu zögern mit. Es kam die obligatorische Frage nach Rauchwaren, die ich wie immer ehrlich verneine. Sie gaben sich damit zufrieden und beendeten den Vorgang mit der Rückgabe meiner Dokumente. Ich fragte noch, ob alles in Ordnung sei, was sie bejahten. So packte ich wieder alles zusammen und verließ den Hafen. Es war gegen halb neun als ich mich an den Kreisverkehr stellte und den Daumen herausstreckte.

Ich wollte wieder auf diese Weise versuchen voran zu kommen bevor ich den Bus nehmen würde. Der Tag hatte ja gerade angebrochen und es gab keinerlei Zeitdruck. Ich gehe jedes Jahr aufs neue so vor und scheitere jedes Mal aufs neue. Zumindest hat sich das inzwischen als Erinnerung gefestigt. Es gibt dort viel Verkehr, aber wenig Bereitschaft. Ein einziger Fahrer hielt an und bot mir die Mitfahrt an, jedoch lehnte ich ab, da ich nur bis Los Llanos oder direkt Puntagorda mitfahren würde. Auf verlassene Zwischenstationen hatte ich keine Lust.

Es hielt ein kleiner PKW kurz hinter mir, der mit Hupen oder Rufen schon bei Vorbeifahren auf sich aufmerksam machte. Ich hielt es für einen Scherz, weil sich schon vier Insassen drinnen befanden. Ich wollte sie gar nicht weiter beachten, doch signalisierten sie mir heranzutreten. Das Wort, das mein ersten Eindruck der vier beschreibt ist ranzig. Vier junge Männer, die meine Frage nach Los Llanos glücklicherweise verneinten. Ich nahm direkt wieder Abschied, woraufhin mich erst noch einer von ihnen fragte, ob ich was kaufen will, was ich verneinte und dann ein anderer, ob ich was zu verkaufen habe. Ich habe beide Wörter für die gewünschten Waren nicht wirklich verstanden, hatte aber das unmissverständliche Gefühl, dass es in beiden Fällen um Drogen geht. Ich werde meinem Aussehen einfach nicht gerecht.

Ich bin dann jedenfalls zur Bushaltestelle gelaufen und habe den nächsten Bus nach Los Llanos genommen. Der Tag hatte sonnig begonnen, doch mit meiner geänderten Wahl des Verkehrsmittels zogen graue Wolken auf und auch bis auf die Mitte der Insel. Auf der anderen Seite war es wieder sonnig-warm. Und während der Bus am Busbahnhof einfuhr, fuhr der stündlich fahrende Anschlussbus gerade ab. Gut organisierte und kundenorientierte Verkehrsbetriebe! Naja, so habe ich mich dort ins Gras in die Sonne gelegt, dann meine restlichen Cherimoyas gegessen, die auch schon transportgeschädigt waren und ein bisschen auf meiner Gitarre gespielt.

Auf der Busfahrt neige ich auch dazu einzudösen, weil es so schön schaukelt. Andernfalls höre ich Podcasts und schaue aus dem Fenster. An einer Bushaltestelle machte ich eine Beobachtung, die ich noch erwähnenswert fand. Mir fiel eine junge Frau auf, die sehr unförmig übergewichtig war. Es sah krankhaft aus, ziemlich verschobene Proportionen. Aber das allein war noch nicht das bemerkenswerte. Mich verwunderte, dass sie adidas-Kleidung trug. Mal davon abgesehen, dass sich mir das Konzept Markenkleidung nie erschlossen hat: Wozu soll ich großflächig Werbung auf der Kleidung mit mir herumtragen und dafür auch noch mehr bezahlen? Nein, mich wunderte, dass es Sportkleidung in diesen Maßen gibt. Sowohl die Jogginghose hatte einen großen Schriftzug auf dem Bein als auch das Oberteil auf dem Arm. Gut, warum sollen nicht auch voluminöse Menschen Kleidung kaufen können, in denen sie Sport machen können, aber es machte eher den Eindruck als sei solche Kleidung die einzig noch bequeme. Unterm Strich einfach nur ein Beispiel dafür wie ich entdecke, welche Erwartungen und Annahmen so in mir schlummern.

Der Jung muss doch auch endlich mal ankommen… Jaa, ist er auch! Bei warmem Sonnenschein, welcher mit mir zurückkehrte. Denn die Tage zuvor hatte es hier ordentlich geregnet. Irgendwie habe ich beim Vorhaben Reisebericht einen Umweg über Alltagsbeobachtungen, Tagebucheinträge und Abschweifungen genommen. Ich deklariere diesen und den vorigen Artikel einfach als Fingerübungen. Ich schreibe mich warm und so kommt vielleicht auch wieder regelmäßiger etwas und interessanteres dabei heraus. Nur nicht selber durch öffentliche Bekanntgabe unter Druck setzen… zu spät.

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